Filmfestivals. Ich wusste, dass sie existieren. Kreative Hubs, in denen nicht nur großartige und experimentierfreudige Werke gezeigt werden, sondern wo man oft auch auf die kreativen Köpfe hinter diesen Werken trifft. Aber ganze Tage dort verbringen und für jeden Film, jedes Event eine Stange Geld hinlegen? Schwierig.

Dann kam die Entscheidung, in allem Ernst eine Schauspielkarriere zu forcieren, und ich wusste, Netzwerken ist die halbe Miete. Als mir am schwarzen Brett der HFF Potsdam dann ein Aufruf des Achtung Berlin Festivals (abff) über den Weg lief, in dem nach „Volunteers“ gesucht wird, sah ich eine Möglichkeit, das Festivalgeschehen mitzunehmen, ohne meinen Geldbeutel dabei massakrieren zu müssen.

„Volunteer“ heißt ganz einfach „Freiwillige“. Es handelt sich dabei um eine ehrenamtliche Tätigkeit. Ihr seid dafür verantwortlich, die Locations für den aktuellen Tag vorzubereiten (aufräumen, Poster aufhängen, Fotowand aufbauen, etc.), steht vielleicht mal am Akkreditierungsschalter und teilt Badges an alle Filmteams und Akkreditierten aus, ihr helft beim Einlass, seid Ansprechpartner für Filmteams, Moderation, Veranstaltungsteams, helft beim Auf- und Abbau von Großveranstaltungen und seid rundherum ein bisschen Mensch für alles.

Heißt das dann, ich bin jeden Tag, den ganzen Tag beschäftigt? Nope. Ihr gebt eure Verfügbarkeiten an und werdet dementsprechend eingesetzt. Beim abff wurde darauf geachtet, dass niemand – auch bei üppiger Verfügbarkeit – mehr als 3-4 Schichten (á 3-5h) hat. Den Rest der Zeit seid ihr frei UND das Geniale – viele Filmfestivals entlohnen ihre Volunteers mit einer vollen Akkreditierung. Das heißt, ihr dürft alle Filme und Events gratis besuchen! Wenn ihr also nicht für eine Schicht eingeteilt seid, könnt ihr euch mitten ins Festivalgetümmel stürzen, Filme ohne Ende sehen, Podiumsdiskussionen und Q&As besuchen, Netzwerkevents mitnehmen und auf Partys abhotten. Klingt gut? Ist gut! Und selbst während eurer Schichten werdet ihr häufig die Gelegenheit haben, Filme zu sehen und Events mitzunehmen, die ihr als Volunteer begleitet. Die Festivals wissen, weshalb die meisten Volunteers da sind und unterstützen eure Filmversessenheit gerne.

So, und wie geht das jetzt mit dem Netzwerken? Läuft man durch die Gegend und labert Hinz und Kunz an? Kannste. Wenn du so drauf bist. Das Gute ist, viele sind zum Netzwerken da und entsprechend unterhaltungsfreudig. Anfangen kannst du gleich bei deinen Mit-Volunteers. Viele haben etwas mit Film zu tun oder sind auf dem Weg dahin, und man hat eh öfters mal Zeit, während einer Schicht miteinander ins Gespräch zu kommen. Und dann gibt’s ja auch noch die ganzen Filmteams der Wettbewerbsfilme, die auf dem Festival rumspringen.

Ich muss zugeben – am Anfang hatte ich große Hemmungen, auf die Profis zuzugehen, weil ich mich selbst noch so unetabliert im Business fühle. Ist natürlich Bullshit, deswegen Leute nicht anzuquatschen. Nachdem ich vier Mal an der Regisseurin des Eröffnungsfilms (super unauffällig) vorbeigelaufen war, hab ich sie dann doch angesprochen, mich für den Film bedankt und ihr erzählt, wie sehr mich ihr Werk berührt und auch geholfen hat. Sie wiederum war sehr, sehr dankbar, dass ich diese Gedanken mit ihr geteilt habe. Wir haben uns umarmt und ich hatte eine wunderschöne, wertvolle Erfahrung gemacht und ein paar Dinge gelernt.

1) Film-Pros sind auch nur Menschen.

2) Aufrichtiges Teilen menschlicher Gefühle und Erfahrungen verbindet.

3) Künstlerinnen freuen sich, wenn Menschen ihre Arbeit mögen.

4) Es macht mich unglaublich glücklich, mich bei Menschen für ihre Arbeit zu bedanken.

Dieses Erlebnis machte es mir für den Rest des Festivals etwas einfacher. Immer wenn mich etwas bei einem Film besonders ansprach, bewegte, ins Grübeln brachte, bin ich zu den Macherinnen hin und habe erzählt, bedankt, nachgefragt. Zack, Gespräch am Laufen. Manchmal länger, manchmal kürzer, meistens interessant. Ich habe mich während der Festivaltage mehrmals heftig überwinden müssen, aber mit jeder Überwindung wurde es einfacher und beim nächsten Festival werde ich direkt auf Level 2 anfangen und weiter über mich hinauswachsen. Stück für Stück. Better done than perfect und so.

Es gibt übrigens über 300 Filmfestivals in Deutschland und fast alle sind auf Volunteers angewiesen. Also, falls es dich jetzt juckt und du auch mal einen Zeh ins Festivalwasser stecken möchtest – auf an die Suchmaschine und ab ins Getümmel. Visitenkarten nicht vergessen!

Schau auch gerne mal hier: Schwarze Brett der HFF und abff Website.

Eure Caro

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